Del Cavador

Optimierte Gespräche?

Kaffee Karma

22. März 2019:

Unterwegs auf Deutschlands Autobahnen – Foto: Yvi Privat


Nennt mich bekloppt, aber so langsam fange ich an mich mit „optimierten“ Gesprächen* anzufreunden. Das sind Gespräche, deren Ende/Ergebnis so verläuft, wie ich das gerne möchte. Man führt sie deshalb mit sich selber. Laut. Damit die betroffene Person auch den Spiegel vorgehalten bekommt und für das nächste Mal hoffentlich dazu gelernt hat. Das eröffnet tolle neue Möglichkeiten!

Wir sind mit den Ponys unterwegs und stehen am Rastplatz. Schnell aufs Klo und dann noch ab in die Schlange vor dem Kaffee-Verkauf. Vor mir wird groß eingekauft. Oder besser gesagt, zum Leidwesen der ganzen Schlange: nicht, weil die Person vor mir sich nicht entscheiden kann.  

Die Verkäuferin guckt bereits endgenervt und hat das Angebot schon zweimal vorgelesen. 

„Entschuldigen Sie, aber meine Ponys warten draußen im Pferdehänger darauf dass wir weiterfahren können und sind etwas unruhig. Deshalb wäre ich hoch erfreut, wenn Sie Sich entscheiden könnten, was für einen Kaffee Sie nehmen wollen. So würden wir alle hier Zeit sparen. Soll ich Ihnen behilflich sein?“

Die Frau dreht sich mit Adlerblick um. Ich versuche ein gewinnendes Lächeln. 

„Wissen Sie, Sie können einfach noch mal kurz überlegen, oder Sie nehmen einfach den Double-Schokolade-Waffel-Milchschaum-Zimt-Haselnuss-Latte mit extra Sirup.“ 

Zur Verkäuferin gewandt führe ich mein Gespräch fluffig weiter „Das ist doch der Teuerste, den Sie verkaufen oder? Das wäre eine Win-Win-Situation für Ihren Laden oder?“  

Ich zwinkere ihr verschwörerisch zu. Sie schaut mich genervt an. 

Ich plappere weiter:

„Vielleicht könnten Sie mir in der Zwischenzeit schon mal einen ganz einfachen schwarzen Kaffee in so einen Pappbecher to To füllen? Geht ja auch ganz schnell.“ 

Und zwinkere ihr zu, dabei wende ich mich wieder der bestell-unfreudigen Kundin zu. 

„Man hat es ja auch nicht leicht. Steht ganz vorne in der Schlange und merkt nicht, wie genervt die anderen Menschen hinter einem sind. Man hat ja schließlich keine Augen hinten.“ 

Dazu nicke ich verständnisvoll. 

Weil die Frau wie versteinert da steht und mich anstarrt verstelle ich die Stimme und antworte für sie.

„Oh entschuldigen Sie bitte! Wir möchten doch keine Kaffee-Eskalation hier haben. So ein Mord geschieht ja so schnell! Und gerade Menschen ohne ausreichend Koffein im Blut sind so schnell reizbar. Gehen Sie doch bitte vor junge Frau, ich sehe doch, dass Sie so eine Süchtige sind, die zu aggressiven Ausfällen neigt. Ich überlege einfach noch. Dafür lade ich Sie auch zur Entschädigung ein!“

Ich verstelle meine Stimme wieder zurück.

„Wirklich!? Das ist ja total nett von Ihnen!!! Gute Frau, sie retten meinen Tag! Vielen Dank für Ihr Verständnis! Sie haben gerade richtig Karma-Punkte gesammelt!“

Mit verstellter Stimme antworte ich mir erneut selber. Hinter mir in der Schlange wird gekichert. 

„Gerne Geschehen! Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag!“

und schummle mich dabei in der Reihe nach vorne, um den bereits eingefüllten, verlockend duftenden schwarzen Kaffee entgegen zu nehmen und dann schnell weg zu sein. 

Die Frau starrt mir nach. 

Auf dem Weg nach Draußen bleibe ich dann seltsamerweise äußerst ungeschickt an der Drehtür hängen. Dramatisch flutscht der Deckel vom To Go-Becher weg, trillert ein paar Runden in der Luft und der Kaffee geht gut sichtbar verschütt. Auf meinen frischen Pullover – unter anderem. Ich verbrenne mir die Finger und fange laut und deftig an zu Fluchen. Hinter mir höre ich ein schrilles, giftiges Lachen. Die Frau, die sich nicht entscheiden konnte, schwebt mit ihrem koffeinhaltigen Milchschaum-Heißgetränk an mir vorbei und sagt gehässig: 

„Da haben Sie Ihre Karma-Punkte! Sie Idiotin!“

In meinem Kopf höre ich dazu ein imaginäres Schlagzeug: Padabusch!!!! 

Und höre dazu meine innere Stimme: „Super! Vielleicht solltest Du das Konzept mit den optimierten Gesprächen noch mal überdenken.“

Am Pferdehänger angekommen fragt mich Yvi wieso ich keinen Kaffee habe, aber danach rieche. Ich gucke sie nur böse an und sage: „Karma-Punkte Yvi! Ich habe Karma-Punkte gesammelt und sie gleich wieder verloren!“

Den nächsten Kaffee lasse ich lieber wieder Yvi holen. Aber ohne vorheriges optimiertes Gespräch… Sie bringt beim nächsten Stopp tatsächlich welchen mit und wirft mir zusätzlich eine Packung Schnaps-Pralinen in den Schoß: „Damit Du Dich ein bisschen abregst!“

Ich liebe Autobahnfahrten.  

Danke Marc-Uwe!

*Also ehrlich gesagt erst, seitdem mich Marc-Uwe Kling mit seiner Geschichte „Wackeldackel und Winke-Katze“ (aus den „Känguru-Apokryphen“) darauf gebracht hat. Man sollte viel mehr Känguru in seinen Alltag implementieren!

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