Del Cavador

Haarige Sache?

21. April 2019:

Die Zeit des Grauens ist wieder da! Meine absolut gehassteste Zeit im Jahr: der hartnäckige Frühjahrs-Fellwechsel beim Pferd! In Kombination mit Pollenallergie, erster Sonne, aufgeladenem Pferdehaar, drehendem Wind und Fleecebekleidung der absolute Horror im Pferdestall! 

Und sie sorgt auch für viel Spaß bei Nicht-Pferdebesitzern, die Pferdefreunde haben und so auch den ewigen Haaren ausgesetzt sind. Man findet sie überall: In der Unterwäsche, im Essen, im Bett, sogar auf der Arbeit in meiner Tastatur! Eigentlich braucht man gar nicht versuchen sich zu schützen, sie sind einfach überall! Am Besten lässt man es über sich ergehen. Man entkommt ihnen sowieso nicht. 

Inzwischen mache ich wenigstens keine Anfängerfehler mehr. Der größte Anfänger-Fehler ist meiner Meinung nach Fleece-Sachen tragen. So erkennt man die Anfänger richtig schnell. Nur noch glatte Materialien. Ganz geschickt wäre übrigens einer dieser weißen Anzüge, die man bei Tatort-Spurensicherungen trägt. Am Besten in Kombination mit Mundschutz, Spritzbrille und Haarnetz. Dann riecht man auch immer frisch, wenn man vom Stall kommt und muss sich nicht immer umständlich dekontaminieren, wenn man mal unter „normale“ Menschen gehen möchte. 

Maue versuche Haare von Kleidung zu entfernen …. – Foto: privat

Letztendlich komme ich jedes Jahr an den Punkt, an dem ich mir sage: Warum tust du dir das an? Die Zossen wohnen im Offenstall – geh doch einfach mehrere Wochen nicht an den Stall und tauch dort erst wieder auf, wenn die Haare alle wieder weg sind. Geht natürlich nicht. Man ist ja als Pferdebesitzer grundsätzlich masochistisch veranlagt. 

Sogar die Satteldecken sehen direkt nach dem Waschen gleich wieder komplett dreckig und haarig aus. Obwohl man sie noch gar nicht benutzt hat, sondern nur zum Stall getragen hat. Pferdehaare ziehen magisch saubere Dinge an. Es ist unheimlich, nein – es ist Magie! 

Wieso lassen diese Pferde nicht einfach plötzlich alle Haare fallen? So auf einmal und dann schnell wegkehren und verbrennen. Warum haben Pferde gefühlt Monate lang diesen lästigen Fellwechsel? Ist das die ultimative Rache fürs Reiten? Es ist physikalisch doch unmöglich, dass ein einziges Pferd so viele Haare verlieren kann! Wo kommen die alle her?

Warum fangen die überhaupt das Haaren an?

Das Tageslicht ist schuld. Ab Mitte/Ende Januar werden die Tage länger und die Zirbeldrüse (für Leute, die mit rudimentärem Latein prahlen wollen folgt das lateinische Wort dafür: Epiphysis cerebri) des Pferdes springt voll drauf an. Nachdem die Temperatur auch ein bisschen mitspielen darf kommt es bei Kälteeinbrüchen auch immer wieder zum Stoppen, bzw. Verlangsamen des Fellwechsels. Deshalb zieht sich das so lange hin. Die Reihenfolge  des Wechsels ist übrigens lange Oberhaare und dann die dichtere, dickere Unterwolle. Also Happy-Hour beim Pferd: Zweimal Haarwechsel zum Preis für eins. Super. 

Und gratis dazu bekommt man auch noch ein für Krankheiten anfälligeres Pferd im Frühjahr. Nachdem diese lästige Prozedur des Fellwechsels anstrengend für den Pferdeorganismus ist und das Immunsystem deshalb weniger Nährstoffe zur Verfügung hat (weil die alle in die Produktion neue Haare gepulvert werden *) kann es sein, dass beim Pony jetzt Mangelerscheinungen auftreten, sie Gewicht abnehmen oder einfach matter sind und insgesamt einfach anfälliger für Krankheiten sind. Super. Win-Win-Situation für alle. Nicht. Und dann werden die Dinger im Herbst wieder abgeworfen …. 

Nebenbei ist so ein Pferd auch anfälliger für Hautkrankheiten im Fellwechsel. Die Barriere für Eindringlinge, Parasiten und Krankheiten sinkt und lädt zum Einnisten ein. Da sage ich nur: Hallo Sommer-Ekzem, Hallo Haarlinge, Hallo Milben, Hallo Pilze – schön schaut ihr unter dem Mikroskop aus, aber bleibt bitte von den Haaren meiner Ponys weg. 

Die Pferde schuppen sich auch noch doller wie sonst, weil die Haut des Pferdes beim Fellwechsel ordentlich beansprucht wird. Es juckt also auch noch. Nicht nur dem Besitzer, sondern auch den Ponys. Ausgiebige Putz-Sessions mit viel Massage tun den Ponys sichtbar gut, treiben dafür menschliche Handgelenke und Finger ans Ende ihrer Kräfte. 

Was können wir also tun?

Die Ponys gründlich putzen und enthaaren. Oder sich Personal einstellen, was das für einen tut. 

Kein Personal gefunden – vielleicht helfen Mundschutz und Handschuhe? – Foto: Yvis Handy

Die Ponys beobachten, ob sich Veränderungen ergeben. Hautbild, ist das Haar stumpf? Wie sind Ernährungszustand, Gefühlslage, Gesamtsituation?

Die Ponys ggf. Zufüttern mit Energie und Mineralien – manche Pferdebesitzer gönnen Ihren Ponys auch Entgiftungskuren. Da gibt es ein unendliches Angebot diverser Futterhersteller, die manchmal sinnvoll, manchmal nur für die jeweilige Firma finanziell sinnvolle Dinge anbieten und Zusatzfutter kredenzen. 

Durch die Auswahl muss sich jeder selber durchkämpfen. Letztendlich bleibt wie immer zu sagen: Gute Grundernährung mit genügend gutem Heu und Mineralstoffversorgung müsste eigentlich bei den meisten Ponys ausreichen. Junge, Kranke und ältere Pferde brauchen einfach noch Energie zusätzlich, um sich leichter zu tun. Aber ansonsten ist Pferdeernährung ja eine Wissenschaft für sich – da möchte ich mir nicht anmaßen irgend etwas Wichtiges dazu zu sagen zu können. 

Jacinto schwächelt dieses Jahr erstmalig ein bisschen und bekommt momentan eine Mahlzeit aus eingeweichten Wiesencobs, Mineralfutter, einer Schippe Hafer, einem großen Schwups Öl und ein bisschen Mischfutter „Senior“ für den Geschmack zusätzlich. Das findet er natürlich toll. Schlabbern und Essen bleiben selbstverständlich seine Kernkompetenzen neben manchmal hübsch aussehen und toll Pferdehänger fahren können. 

Das Drachenpony läuft momentan mit einer dicken undurchdringlichen Staubschicht in den Haaren herum, die man nicht mehr ab bekommt und die sich sofort elektrostatisch auflädt, wenn man das Drachenpony nur ansieht. Anscheinend verbringt sie viel Zeit den wohltuend-schrubbeligen Sandboden zu konsultieren und sich Sachen zu überlegen, um nicht angefasst werden zu müssen. Sie sieht momentan leicht dauer-gräulich aus. Wahrscheinlich rächt sie sich jetzt bei mir für die Decke im Winter. Man weiß es nicht. Hauptsache sie bleibt gesund. Aber eine sehr nasse Wäsche mit ganz viel Schaum wird ihr nicht erspart bleiben. Wenn nicht sogar mehrere Waschgänge ….  

Frau Sumpf ist da pflegeleichter. Sie sieht nur grundsätzlich im Frühjahr schon zwei Minuten nach dem Putzen so aus, als ob sie noch nie in ihrem Leben geputzt und enthaart worden wäre. Es ist ein Traum. Ein haariger Albtraum.  

Ansonsten bleibt mir nur zu sagen: Ich hoffe Ihr kommt alle gut durch den leidigen Frühjahrs-Fellwechsel und wir sehen uns im Sommer enthaart und frisch geschniegelt bei diversen Events! Ich freue mich! 

PS: Falls Ihr noch Tipps rund um den Fellwechsel habt, her damit! 🙂  

Pro-Tipp: Mundschutz – wenn man auch noch eine Sonnenbrille aufsetzt, bleiben auch die Augenringe verborgen…. – Foto: Yvis Handy

*   Die dann wieder in ein paar Monaten abgestoßen werden …. wieso wachsen denen nicht einfach noch zusätzliche Winterhaare? 

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